Moto Djali Jacke

Foto: Jakob Gsöllpointner

Neue Größe

Der Modekolumnist Gabriel Roland schreibt über sein Lieblingsstück der Kollabo Kolektion Nr.1. – die Moto Djali Jacke. Im The GAP Artikel “Neue Größe” beschreibt er wie sich das MOB Produkt von Mainstream-Stangenware unterscheidet. Denn eine MOB Jacke ist nicht einfach nur eine Jacke. (Text von Gabriel Roland)

Es gibt wohl kaum einen Menschen, der das Gefühl schlecht passender Kleidung nicht kennt. Seitdem Gewand industriell massengefertigt und zentralisiert vermarktet wird, ist immer irgendwo etwas zu eng, zu lang, zu weit oder zu kurz – und nicht selten gleich alles auf einmal. Die Zeiten, in denen entweder im Haushalt selbst oder von hochspezialisierten Handwerksbetrieben Gewand für eine spezifische Person gemacht wurde, sind für uns nur mehr schwer vorstellbar. Stattdessen organisieren standardisierte Skalen die Proportionen von Kleidungsstücken, die auf Verdacht für Körper vorproduziert werden, die den Herstellerinnen und Herstellern nicht als physische Gegebenheiten gegenüberstehen sondern nur als statistische Projektionen vorschweben. Das System der Kleidergrößen kommt mit der Unumstößlichkeit rationaler Objektivität daher, ist in Wahrheit aber – zumindest für den Verfasser dieser Zeilen – absolut undurchschaubar und vor allem alles andere als ein Abbild der tatsächlichen Vielfalt menschlicher Körper. Noch dazu ist das Maß der Modekonzerne von gesellschaftlichen Idealvorstellungen und Marketinginteressen getrübt, was sich wenig überraschend aber dennoch perfide in den allenthalben eingenähten Ziffern und Buchstaben niederschlägt.

Die verzweifelte Suche nach dem Hemd mit dem richtigen Verhältnis zwischen Schulterbreite, Armlänge und Kragenumfang erscheint aber sofort in einem gänzlich neuen Licht, wenn man sich die Situation von Leuten vor Augen führt, deren Ansprüche vom zeitgenössischen Modeangebot nicht einmal im Ansatz berücksichtigt werden: Menschen mit Behinderungen. Spezialisierte Firmen bieten zwar Kleidungsstücke mit zusätzlichen Funktionalitäten an, die einer Person mit Handicap das Leben leichter machen können, allzu oft kommt das aber zum Preis einer medizinischen Ästhetik, die das mit einer Behinderung einhergehende Stigma nur noch stärker spürbar macht. In diese Bresche springen MOB Industries. Die frisch gegründete Wiener Marke arbeitet nicht nur mit Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern zusammen, um deren spezifische Ansprüche an Kleidung zu erfahren, sondern auch mit Modelabels, die bewiesen haben, dass sie erstrebenswertes Gewand entwerfen können. So ist etwa in Kollaboration mit Moto Djali, deren Arbeit auf diesen Seiten schon besprochen wurde, eine Jacke entstanden, die spezifisch auf Menschen im Rollstuhl zugeschnitten ist und die erst in zweiter Linie für nicht im Rollstuhl Sitzende, sogenannte Companions, adaptiert wurde. Der vorne kürzere Schnitt (zum Sitzen), die großen, magnetisch verschlossenen Taschen (lassen sich auch mit eingeschränkter Fingerfertigkeit leicht öffnen) und die Druckknopfleisten, mit denen bei Seiten ganz aufmachen kann, (hilfreich beim assistierten An- und Ausziehen) zeichnen die Jacke aus. Aber nicht nur: Der Moto Djali-Entwurf nimmt in seiner reduzierten Strenge und direkten Materialität Anleihen von Uniform- und Arbeitsjacken. Resultat ist ein Kleidungsstück, das seinen Trägerinnen und Trägern ohne Umschweife einen Spielraum zwischen kühler Würde und ebensolcher Entspanntheit eröffnet – man sehe sich nur den Rollstuhlbasketballer Philipp Hochenburger an, der die Jacke für die erste Kampagne von MOB Industries angezogen hat.