Moto Djali Jacke

Foto: Petra Rautenstrauch

„Kleidungsbedingte Barrieren und damit verbundene Exklusion werden oft übersehen”

Die MOB Idee ist aus persönlichen Motivationsgründen entstanden. Josefine Thom, die Gründerin des inklusiven Modelabels MOB Industries, hat eine ältere Schwester mit Behinderung_en. Für sie die passende Kleidung zu finden, die nicht nur funktional, sondern auch schön ist, war immer eine Herausforderung. Ihre Lösung: Ein inklusives Modelabel. (Mit Diva spricht Josefine Thom über ihr barrierefreies Modekonzept)

Mode ohne Grenzen

Interview von Nicole Adler, erschienen in der Dezemberausgabe 2019 des DIVA Magazin

Um funktionale Mode für Menschen mit Behinderungen auf den Markt zu bringen, gründete die studierte Sozialpädagogin Josefine Thom das Label MOB Industries. Der Name ist Programm: Mode ohne Barrieren.

Kleider machen Leute –Leute machen Kleider«, so der Dichter Gottfried Keller. Aber um welche Kleider und welche Leute handelt es sich eigentlich? Das fragten sich die beiden MOB-Industries-Gründer Josefine Thom und Johann Gsöllpointner und stellten die übliche Herangehensweise auf den Kopf: Die Ansprüche von Rollstuhlnutzern sind die Norm, die dann für Nichtrollstuhlnutzer adaptiert wird. Gemeinsam mit den österreichischen Labels GON, Moto Djali und Ferrari Zöchling entwickelten sie ihre erste Kollektion.

Warum ist Ihnen, Frau Thom, das Thema so ein Anliegen?
Bei mir hat es einen persönlichen Hintergrund: Ich habe eine ältere Schwester mit Mehrfachbehinderungen, das heißt, das war immer Thema in der Familie.

Was bietet der Modemarkt für Menschen mit Behinderungen an?
Es gibt Kleidung für Menschen mit Behinderungen, diese hat aber eine reine Funktionsästhetik – für mich ist das Kleidung und nicht Mode. Dies spiegelt sich auch in den Namen der Herstellern wider: »Reha« oder »Rollstuhl« sind meist fixer Bestandteil des Markennamens. Auf der Suche nach einem inklusiven Modeansatz, der sowohl Menschen mit Behinderungen als auch jenen ohne Spaß macht, bin ich nicht fündig geworden, und so ist die Idee zu MOB entstanden. MOB steht für Mode ohne Barrieren – wir sind ein Modelabel, dass das Thema spielerisch und transdisziplinär umsetzt.

Wie sind Sie an das Thema konkret herangegangen?
Ich bin an Rollstuhlnutzer und -nutzerinnen und Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen herangetreten und habe sie gefragt, ob sie als Probeträger mit uns zusammenarbeiten wollen. Ähnlich war es mit den Designerinnen: Ich wollte vor allem auch sehen, wie das Thema aufgenommen wird und zu welchen Lösungen die Designerinnen kommen; für die meisten war das eine komplett neue Erfahrung. MOB kann jeder tragen, egal, ob mit oder ohne Behinderung. Inklusion und Behinderungen sind für viele kein Thema, weil sie keine Berührungspunkte dazu haben.

Wie sieht das Thema Barrierefreiheit im Allgemeinen und in der Mode aus?
Während das öffentliche Bewusstsein hinsichtlich Umweltbarrieren im Transport oder bei Zugänglichkeiten zu gebauten und digitalen Räumen in den letzten Jahren zugenommen hat, werden kleidungsbedingte Barrieren und damit verbundene Exklusion oft übersehen. Wir haben etwa ein weißes Hemd aus 100 Prozent Baumwolle – die Besonderheit ist der Stoff, da dieser Flüssigkeiten abweist, keine Schweißflecken zulässt und einen Magnetverschluss hat; also ein Hemd mit vielen Lösungen in unterschiedlichen Kontexten: für die Gastro, fürs Fernsehen, für Menschen mit eingeschränkter Fingerfertigkeit, Rollstuhlnutzer et cetera …